Zensur als Sprachpolitik am Beispiel des utopischen Romans Der Brand der Cheops-Pyramide von Hans Dominik

Document Type : Original Article

Author

Department of German Arts Faculty of Humanities Al-Azhar University - Women's Branch

Abstract

Abstract: The post-war period brought about many changes across different aspects of life in Germany. These changes were partly staged by the occupying powers with the intention of re-educating the German people. They aimed to integrate the German people into the international society and introduced a corresponding cultural policy for this purpose. The present novel "The Fire of the Pyramid of Cheops" by Hans Dominik was first published in 1925-1926. The editions of the post-war period were censored. The novel is a science fiction story about the discovery of atomic energy and its devastating danger in a hostile world. The present study shows the linguistic intervention in the novel. It is discussed whether this is a purely linguistic-stylistic change or whether it is based on a new cultural policy. The language policy of the post-war period was aimed at revising text passages that were not in harmony with the new democratic values ​​of the occupying powers by means of linguistic-editorial interventions in the novel. The censorship neutralized text passages that polarized the West and reconstructs it to conform to Europe and the West overall. For this purpose, criticism and ridicule against England, America and Russia are weakened and eliminated, and the glorification of the Moorish enemy is reduced. The deletion of passages that reflect German pride and scientific and political superiority serves to denazify and dismantle militarism. The text and the action then lose their liveliness and tension.
Keywords: The post-war period – German Fiction- The Fire of the Pyramid of Cheops" - Hans Dominik- censorship

Keywords

Main Subjects


 

  1. Einleitung

Die vorliegende Untersuchung behandelt die Zensur des Romans Der Brand der Cheops-Pyramide von Hans Dominik. Ziel dabei ist, die Eingriffe und Änderungen im Text, die für eine Veröffentlichung nach dem Zweiten Weltkrieg typisch waren, zu analysieren und zu klassifizieren. Dabei wird die Kulturpolitik der Großmächte berücksichtigt, die sich sprachlich in der Zensur niederschlägt. Des Weiteren sollen die Folgen dieser Kultur- und Sprachpolitik auf den Roman bestimmt werden. 

Zunächst soll auf das Leben und Werk von Hans Dominik kurz eingegangen werden. Darauf werden die wichtigsten Züge der Sprachpolitik der Nachkriegszeit aufgezeichnet. Dann widmet sich die Abhandlung der Klassifizierung der zensierten Textstellen und schließlich werden die Auswirkungen dieser Eingriffe auf den Text zusammengefasst.

  1. Leben und Werk von Hans Dominik

Hans Joachim Dominik wurde am 15.  November 1872 in Zwickau geboren. Sein literarisches Talent wurde schon in seiner Kindheit gefördert. So war sein Vater Journalist und Verleger und sein Onkel Theodor Mügge war Romanschriftsteller. Auf dem Gymnasium in Gotha wurde er vom Schriftsteller Kurt Laßwitz inspiriert, der nicht nur sein Mathematik- und Physiklehrer war, sondern auch der Autor des ersten deutschen Science-Fiction-Roman. 1892 studierte Dominik Elektrotechnik an der Technischen Hochschule in Berlin. Er fing 1900 eine Arbeitsstelle bei Siemens & Halske an. Dort wurde er wegen seinem Sprachtalent in das „Literarische Bureau“ der Firma versetzt. Nebenbei schrieb Dominik Zeitungsartikel und Werbeartikel für andere Firmen und populärwissenschaftliche Artikel im Berliner Tageblatt. Er hatte die Fähigkeit, technische Sachverhalte verständlich, populär und auch amüsant auszudrücken. Im Jahr 1901 kündigte Dominik und begann als freier Schriftsteller und Journalist zu arbeiten.

In den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts brach Dominik mit seinen technisch-utopischen Romanen durch und wurde zum erfolgreichsten deutschen Science-Fiction-Autor. 1922 veröffentlichte er seinen Roman Die Macht der Drei. Seine Romane wurden in den 1920er und 1930er Jahren zu Bestsellern. Die Helden seiner Romane waren meist deutsche Wissenschaftler oder Ingenieure, die eine revolutionäre Erfindung gemacht hatten und die am Ende immer gegen eine böse Kraft siegen. In der DDR war er nicht beliebt. Dagegen wurden seine Romane oft und erfolgreich in der BRD aufgelegt und von jungen Menschen gelesen. Die Erzählungen Dominiks fanden das Gefallen der Nazis. Als in der Nachkriegszeit die Romane neu herausgegeben wurden, wurden – den Besatzungsmächten nach – unkorrekte Passagen entschärft. (vgl. https://www.utd.hs-rm.de/dominik/)

Zu diesen Romanen gehört auch der vorliegende ausgewählte Roman Der Brand der Cheops-Pyramide, der 1925/1926 veröffentlicht wurde.

Der Roman handelt von der Entwicklung der Atomwaffe, die im Erscheinungsjahr des Romans noch eine wissenschaftliche Vorstellung war. Der englische Erfinder Elias Montgomery erfindet den Apparat, der diese enorme Energie auszusetzen vermag. Er stirbt jedoch, ohne die Bedienungsanleitung dieser mächtigen gefährlichen Waffe weiterzugeben. Die Mauren, die derzeit Spanien erobert hatten und ganz Europa bedrohen, sind in der Lage durch eine osteuropäische Spionin die Waffe zu stehlen und durch den ägyptischen Wissenschaftler Ben Ezer das Geheimnis des Apparats zu lösen. Die einzige Hoffnung sind die Ingenieure der deutschen Riggers-Werke, denen es gelingt, das Geheimnis zu enthüllen und die Cheopspyramide in Brand zu setzen, wobei die enorme Energie der Atomkraft ausgestrahlt wird und ihre verheerenden zerstörerischen Folgen zustande kommen.

Die neuen Auflagen des Romans unterlagen nach dem Zweiten Weltkrieg einer Nachzensur. Später wurde der Roman wieder in seiner Originalausgabe aufgelegt.  (vgl. https://katalog.dnb.de/EN/list.html?key=all&key.GROUP=1&t=Der+Brand+der+Cheops-Pyramide&sortD=-dat&sortA=bez&pr=0&v=plist&submit.x=0&submit.y=0 ).  

  1. Die charakteristischen Züge der Sprachpolitik der Nachkriegszeit

Die Sprachpolitik der Nachkriegszeit fand ihre Anfänge schon vor dem Kriegsende. Noch während des Krieges machten sich die Streichmächte, Amerika, England und Russland, darüber Gedanken, wie sie die deutsche Gesellschaft umerziehen würden. Sie waren sich darüber einig, dass man den deutschen Militarismus und Nazismus beseitigen muss, damit Deutschland nicht wieder den Weltfrieden bedroht. Um das zu erreichen, sollten einerseits Organisationen, Symbole und Gesetze des Nationalsozialismus verboten und andererseits nazistische und militärische Einflüsse aus dem Kulturleben der deutschen Gesellschaft eliminiert werden (vgl. Reichel 2002, 30). Insbesondere die amerikanische Seite bestand darauf, das öffentliche Leben zu entnazifizieren bevor dem deutschen Volke wieder die Selbstregierung eingeräumt werden sollte (vgl. Reichel 2002, 31). Es wurde unter anderem versucht, ein Gefühl der Kollektivschuld aufgrund der Gräueltaten des Naziregimes hervorzurufen. Dadurch sollte auch eine allgemeine Fügsamkeit gegenüber der Besatzung erreicht werden (vgl. Chamberlin 1981, 423). Ferner sollte die faschistische Gesinnung der Vorkriegszeit zu einem kollektiven Verantwortungsgefühl umgeschult und das nationale Selbstgefühl der Deutschen relativiert werden. Insbesondere die Tradition der deutschen Nation sollte so weit wie möglich in den Hintergrund gerückt werden. Damit zusammenhängend ging nach der Niederlage die Demokratisierung und Entnazifizierung Hand in Hand mit der Entpreußung einher (vgl. Möbs 2021, 73). Der Nationalsozialismus wurde besonders von der französischen Besatzungsmacht als ein „Nebeneffekt“ der preußischen Gesinnung betrachtet. Es galt nun diese preußischen Strukturen aufzulösen, genauso wie die hitlerische (vgl. Möbs 2021, 74). Für eine erfolgreiche langfristige Umerziehung wurde in der Nachkriegszeit zielstrebig eine Kulturpolitik eingeführt, die dies garantieren sollte.

Durch Kultur sollten Werte vermittelt werden, um einen großflächigen gesellschaftlichen und politischen Wandel in Bewegung zu setzen. (ebd. 75)

Dabei spielte die Zensur unter anderem eine wichtige Rolle. (ebd. 75)

Was die Zensur betraf, so gab es keine allgemeingültigen Richtlinien. Grundsätzlich hielt man sich aber an folgenden Regeln: Es durften keine Kritik an der Besatzungsmacht geäußert, keine Vergleiche zwischen Alliierten gezogen, keine nationalsozialistischen Terminologien und keine Worte wie Krieg, Hass oder Feind verwendet werden. (ebd. 81)

Es war nun die Aufgabe gesetzt, die Nationalkultur des deutschen Volks zu schwächen und sie durch demokratische Werte zu ersetzen, und zwar durch Kulturtransfer. (ebd. 77)

Die Nationalkultur beschreibt eine kollektive Identität, die sich durch einen „kulturellen Zusammenhang jenseits staatlicher Formationen“ (…) definiert, also ein Kollektiv innerhalb der Nation, mit dem sich Bürger identifizieren und dadurch auch von ihren Nachbarvölkern differenzieren können. (ebd. 76)

Die kulturellen Bemühungen der Siegesmächte zur Umerziehung der deutschen Gesellschaft nach der Nazi-Epoche waren sozusagen auch ein Versuch zum Abbau der sprachlichen Manipulation des Nazi-Regimes, dessen Sprachpolitik darauf absah, durch die Sprache den Menschen zu erziehen und somit auch ihre Realität zu verändern (vgl. Kämper-Jensen 1993, 177). Im Nationalsozialismus wurde Sprache auch als identitätsstiftend angesehen. Sie stärkt den Einzelnen und die Gruppe, indem sie die Zugehörigkeit zu einer Rasse oder Geschlecht festigt, dass gegebenenfalls in einen Fundamentalismus mündet. Dies hat zur Folge, dass rigide Menschen die Chance verspielen, von der Offenheit anderen gegenüber und der Diversität der Menschen zu profitieren (vgl. Krampmann 2004, 410).

Aus soziolinguistischer Sicht ist die Sprache für die Entwicklung eines Sozialgefühls ausschlaggebend. Dies wurde vom Naziregime ausgenutzt und schlug sich in seiner Propaganda-Politik nieder.

Sprachnationalistische Darstellungen gehen über das patriotische Lob des Eigenen deutlich hinaus, indem sie die eigene Sprache (und, in der Folge, die eigene politische, kulturelle und ethnische Gemeinschaft) als einer fremden Sprache überlegen beschreiben, zugleich das sprachlich und kulturell Fremde pointiert bis aggressiv abwerten und eine Gefährdung der Identität und der (moralischen und sittlichen) Integrität der eigenen Sprach-, Volks- und Kulturgemeinschaft durch das Fremde (z.B. durch Fremdwörter) behaupten. (vgl. Gradt 2004, 369)

Die Zensur versucht diesen sprachlichen Effekt umzukehren. Die Streichung bestimmter Passagen bewirkt genau das Gegenteil davon. Das Selbstwertgefühl wird heruntergefahren und die Überlegenheit wird reduziert. Dabei wird darauf geachtet keine Provokation hervorzurufen, um die Umerziehung subtil und unmerkbar durchzuführen.

Um die Umerziehung der deutschen Gesellschaft durchzuführen ist soziologisch eine Änderung der wahrnehmbaren Situation nötig. Dies war auch sprachlich zu implementieren.

Daher sollten institutionelle Bedingungen des Lebens in Deutschland Einfluss auf die Definition der Situation haben in einer nicht diktatorischen Weise, wovon wiederum eine Tendenz in Richtung Demokratie ausgehen sollte. (Gerhardt 2004, 432)

Erwähnenswert ist auch, dass es sich bei der Zensur des vorliegenden Romans um eine Nachzensur handelt. Die Manipulation ist daher nicht vorbeugend, sondern revidiert schon Geschriebenes und passt es neuen Maßstäben an. Dieser nachträgliche Eingriff beeinträchtigt, wie aufgezeigt werden wird, das Konzept des Romans und seine sprachliche und literarische Qualität. 

  1. Klassifizierung der sprachlichen Zensurformen

In diesem Beitrag werden wie bereits erwähnt die vorgenommenen Änderungen klassifiziert und in ihrem kultur-politischen und linguistischen Kontext erörtert. Formal erfahren die zensierten Auszüge mehrere Änderungsmöglichkeiten. Manchmal werden ganze Passagen gestrichen oder nur einzelne Wörter werden eliminiert. In einigen Fällen werden Wörter mit anderen umgetauscht oder Sätze parafrisiert.

Auf inhaltlicher Ebene lassen sich weiterhin einige Kategorien vorfinden. So werden einerseits sprachlich-stilistische Änderungen in folgenden Bereichen durchgeführt: bei der Bezeichnung von Erfindungen, bei Anredeformen, zum Abbau der Verherrlichung des Feindes, zur Ernüchterung von Übertreibung, zur Aufhebung von Redundanz, zur Fehlerkorrektur und zur Eliminierung von anstößigen Textpassagen. Anderseits werden Änderung zur politischen Anpassung unternommen, und zwar bezüglich der kritischen Darstellung der Besatzungsmächte und zur Neupositionierung Europas. Schließlich gibt es Zensureinschnitte, die der kulturellen Umerziehung und dem damit verbundenen Abbau von Nationalgefühl, Militarismus und Nazismus dienen.

Im Folgenden werden die inhaltlichen Kategorien im Zusammenhang mit der formalen Änderungsform und ihrem kulturpolitischen Kontext näher betrachtet.

  • Sprachlich-stilistische Änderungen:
    • Bezeichnung von Erfindungen

Einige Änderungen im Roman beruhen nicht unbedingt auf einen kulturellen Grund oder dienen der Umerziehung. Das Wort Helikopter z. B. sowie daraus entstandene Komposita, wie Helikopterfielger (14), Helikopter (104, 483) und Helikopterschraube (488) werden durch das Wort Hubschrauber ersetzt. Es ist bemerkenswert, dass dieses Fluginstrument (sowie die Atombombe) zur Entstehungszeit des Romans noch nicht vollkommen erfunden war. Der erste flugfähige Hubschrauber wurde von L. Bréguet und R. Dorand konstruiert (Bréguet-Dorand-Gyroplane; Erstflug 1935). (vgl. Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, Mannheim, 2004). Die Änderung ersetzt die originale Bezeichnung im Roman mit der nach der tatsächlichen Erfindung anerkannten Bezeichnung.

Auf gleicher Weise wird das Wort elektrische Starklichter (498) durch Bryen-Lampe ersetzt. Starklichter sind eigentlich Gasleuchten, die Flüssigbrennstoff verbrennen. (https://www.starklicht.com/starklichtlampen-pressure-lamps/ abgerufen am 02.09.2022) Im Science-Fiction-Roman ist die Rede von Starklichtern, die elektrisch bedient werden. Diese werden in der Nachkriegsfassung mit der Bezeichnung für eine elektrische Lampe ersetzt.

Dieser Eingriff ist nicht in einem Science-Fiction-Roman notwendig. Die vom Autor gewählten Bezeichnungen regen die Fantasie des Lesers an. Dagegen schränken die Bezeichnungen aus der Realität die Fantasie ein.

  • Anredeformen

Bemerkenswert in der Nachkriegsfassung ist die Eliminierung der Anredeformen. In der Originalfassung reden sich die Hauptfiguren in der Form des Adelstandes an: Baronesse (20, 21), Baronin (an 90 Stellen im Roman), seine Lordschaft (20), Exzellenz (an 11 Stellen), das Wort gnädig in Verbindung mit Fräulein oder Baronin (an mehr als 40 Stellen), mein Prinz (451), die Kennzeichnung des Adelstandes mit der Präposition von in Herr von Iversen oder Modeste von Karsküll, usw.

Als die Weimarer Reichsverfassung am 14. August 1919 in Kraft trat, wurden die Vorrechte und Titel des Adels abgeschafft. Das liegt zeitlich nicht entfernt vom ersten Erscheinungsjahr des Romans. Es handelt sich demnach um eine noch bekannte   Anredeform, die schon seit mehreren Jahrhunderten gepflegt und die noch nicht vollständig von der bürgerlichen Anredeform verdrängt wurde.

So entfallen in der Nachkriegsfassung die unterstrichenen Passagen im folgenden Abschnitt:

„…Wie soll ich Ihnen danken, gnädige Baronin?“ „Sire, Sie beschämen mich durch Ihre große Gnade, die ich kaum verdiene.“ „Baronin Jolanthe, Ihnen allein verdanken wir diesen Erfolg. […] Sie haben mir eine große… eine ungeheure Last von der Seele genommen, Baronin.“ (231)

Die Figur wird aus ihrem gesellschaftlichen Status degradiert und das damit verbunden Gefühl des Stolzes wird beseitigt. Diese Streichung wird konsequent für alle Figuren des Romans durchgeführt. Dabei wird kein Unterschied zwischen den Protagonisten oder Antagonisten gemacht.

Diese Abschaffung der adligen Anredeform wird sogar in den Abschnitten vorgenommen, in denen maurische Herrscher, sei es der Sultan oder sein Bruder der Prinz, in der Handlung tatsächlich vorkommen.

So steht in der Originalfassung in der Szene zwischen Modeste und dem Prinzen folgendes:

„Nein, Königliche Hoheit haben mich nicht gekränkt … ich wüßte auch nicht, daß ich mich irgendwie geändert hätte.“ (153)

In der Nachkriegsfassung heißt es stattdessen: „Ich fühle mich nicht gekränkt.“

Die Anrede des Kalifen mit Königliche Hoheit entfällt in der Nachkriegsfassung auch im weiteren Verlauf des Romans.

Diese ältere Anredetradition wird vermieden und gleichzeitig die damit verbunden preußische Gesellschaft der Vorkriegszeit. Sie soll nun durch das Bürgertum ersetzt werden, um ein demokratisches Denken einzuleiten. Die Tilgung der Anrede der Hoheiten des Maurischen Staats ist m. E. stilwidrig und literarisch unangemessen. Sie hängt jedoch mit der Absicht der Zensur zusammen, und zwar mit der Desillusionierung des Feindes, auf die im Folgenden eingegangen wird.

  • Abbau der Verherrlichung des Feindes

In der Originalfassung des Romans ist Spanien von den Mauren bzw. den osmanischen Türken besetzt. Das islamische Reich bedroht ganz Europa und bildet den Antagonisten in den Ereignissen. Trotzdem wird im Roman das Kalifat bzw. der Feind in vieler Hinsicht veredelt. Im Gegensatz dazu werden Europäer und Amerikaner eher kritisiert.

Der Abbau der Verherrlichung vollzieht sich einerseits durch Tilgung einiger Wörter. So werden die maurischen Heldentaten (82) in der Nachkriegsfassung einfach durch Taten ersetzt. Ebenso wird an anderer Stelle das prächtige Auftreten der mit dem islamischen Reich verbundenen Antagonistin Jolanthe von Karsküll heruntergefahren. Der von Jolanthe benutzt Löffel zum Umrühren ist nun kein goldener mehr, sondern ein einfacher Löffel ohne weitere Attribute (36).

Im folgenden Absatz äußert sich der deutsche Ingenieur und Held des Romans Eisenecker zur maurischen Okkupation von Spanien. Dabei werden europäische Besatzungen stark kritisiert hingegen die osmanische verharmlost.

„Die Geschichte der letzten hundert Jahre zeigt Beispiele viel schlimmerer, viel drückenderer Okkupationen. Noch heute spricht man im deutschen Rheinland mit Grauen von jenen längst vergangenen Zeiten, da dort französische Besatzungen hausten. Noch heute gedenken die deutschen Einwohner von Südtirol mit Abscheu an die Vergewaltigungsversuche der Italiener. Damit verglichen scheint mir die Maurenherrschaft fast milde zu sein.“ (185)

Bemerkenswert ist, dass die Kritik an die französische Besatzung beibehalten wird, obwohl die Kritik an die Italiener und die Verharmlosung der Mauren in der Nachkriegsfassung nicht mehr vorhanden ist. Im Roman schlechthin wird an keiner Stelle der geo-politische Hinweis auf Frankreich verändert, obwohl sie eine Partei der Besatzungsmächte bildet. Das dieser Teil nicht gestrichen wird, verfestigt die Vorstellung von der Überlegenheit der französischen Besatzungsmacht. M. E. wurde die Kritik an die italienische Besatzung aus einem anderen Grund gestrichen. Es ist dokumentiert, dass nach der Niederlage Deutschlands über 200000 deutsche Frauen von Soldaten der Besatzungsmächte vergewaltigt wurden. Diese brutale Gewalt an Frauen wurde in der Nachkriegszeit vertuscht. Teilweise da die Kritik an die Besatzungsmacht ohne offizielle Abmachung verboten war und auch um das deutsche Volk nicht weiter zu provozieren, sowie um die Umerziehung und die Etablierung des Schuldgefühls reibungslos durchzusetzen.

Die scharfe Kritik des Helden des Romans an ein europäisches Land und die Verherrlichung des islamischen Feindes sind in diesem Teil stark zu erkennen. Der Spanier Don Antonio, mit dem Eisenecker das Gespräch führt, berichtet darüber, wie weise die maurische Besetzung über das Land herrsche. Sie überließen den Spaniern die Verwaltung des Landes, würden sich nicht in die kulturellen und religiösen Angelegenheiten der Menschen einmischen und keine bedrückenden Steuern verlangen, so dass kein Grund zum Aufstand gegen die Mauren für das Volk bestehe.  Dagegen seien die Gräuel der französischen und italienischen Besatzungen fest im Gedächtnis der Deutschen verankert (185 f.). In der Nachkriegsphase könnten diese Passagen als scharfe Kritik interpretiert werden und Aufwieglung gegen andere Europäer bewirken. Die Entschärfung dieses Tons ist ein Ziel der Zensur. Gleichzeitig wird der Preis an den gemeinsamen Feind Europas und des Westens, das islamische Reich, gestrichen, damit der Leser nicht illusioniert wird. 

Diese Desillusionierung der Überlegenheit des Feindes wird auch an anderer Stelle unternommen, obwohl es sich um die Worte des Kalifen handelt, in denen es legitim ist, seine Soldaten zu preisen.

Diese tapfersten, besten Soldaten der Welt, wehrlos preisgegeben einer unsichtbaren fürchterlichen Waffe…! Auch der Mutigste muß da den Mut verlieren.“ (366 f.)

Die unterstrichene Phrase wurde durch tapferen Soldaten ersetzt. Die Verherrlichung der osmanischen Soldaten wird durch den Gebrauch des Positivs für Adjektive anstelle des Superlativs getilgt. Der Superlativ in Mutigste wird jedoch beibehalten, da hier der türkische Soldat als angsterfüllte degradiert wird. Dieser stilistische Eingriff gehört zu den wichtigsten Formen der Zensur im Roman, wie noch gezeigt werden wird.

  • Ernüchterung von Übertreibung

Es werden am Text einige stilistische Änderungen zur Ernüchterung von Übertreibung durchgenommen, die auf verschiedene Gründe zurückzuführen sind. Dies ist insbesondere an Adjektiven im Superlativ zu erkennen. Sie werden zur Positivform des Adjektivs versetzt.

Die außergewöhnlich schwere atomare Patrone wird als den kostbarsten Schatz (461) in den Händen von Ibn Ezer beschrieben. Dieser übertriebene Ausdruck wird in der Nachkriegsfassung nüchtern durch einen kostbaren ersetzt.

Gleiche stilistische Änderungen werden im vorletzten Kapitel an der Darstellung der Hochzeitsnacht vom Kalifen Abdurrahman mit der Baronin Jolanthe von Karsküll unternommen. Der folgende Satz wird in der Nachkriegsfassung von allen Übertreibungen entlastet: Die Hochzeitsnacht! Das schönste Weib, das auf Erden wandelte, in seinen Armen! (524). Nach der Änderung des Adjektivs und der Streichung der Übertreibung lautet der Satz dann: Die Hochzeitsnacht! Das schöne Weib in seinen Armen!

Dieselbe Neutralisierung von Übertreibungen wird auch im letzten Kapitel durchgeführt. Auch hier wird die Figur von Jolanthe übertrieben wie folgt gepriesen: Von Jolanthe, dem schönsten Weib, dessen Fuß je den Staub der Erde berührt. Dienerin, Geliebte, Königin des Helden. (530) In der zensierten Fassung heißt es später nur noch: Von Jolanthe, dem schönen Weib, Dienerin, Geliebte, Königin des Helden. In diesen Beispielen war die Absicht dahinter, die Veredlung der Antagonistin im Roman zu reduzieren, was mit den politischen Zielen zusammenhängt.

Auffällig ist, dass jede Form der Übertreibung getilgt wird, ohne dabei zu bedenken, dass es sich um ein Science-Fiction-Roman handelt, indem der technischen Fantasie ihren Lauf gelassen werden sollte. Im folgenden Beispiel wird die hohe Geschwindigkeit der Jacht mit hundert Metern in der Sekunde (501 f.) in der Nachkriegsfassung gestrichen. Für diese Form des Eingriffs in den Text gibt es keinen sprachpolitischen Grund. Die Änderung erfolgt eher unbeachtet der Natur dieses literarischen Genres. Dies gilt auch für die folgende Klasse der Zensur.

  • Aufhebung von Redundanz

Im Roman werden viele scheinbar redundante Attribute gestrichen, die im Text keine relevante Information liefern: tiefen Falten (103), älteren Baronin von Karsküll (274), schluchzender Ton (523 f.), hohe Felsklippen (291), schönen Augen (400), die arme Modeste (486), die mißhandelten Augen (499 f.).

Ganze Textteile werden ebenso gestrichen, da sie inhaltlich überflüssig sind. Im folgenden Auszug bestätigt der gestrichene Satz in der Originalfassung die Angst eines Wissenschaftlers aus den Riggers-Werken, der nicht mehr bereit ist, die lebensgefährlichen Experimente vor Ort durchzuführen. Diese Wiederholung wird gestrichen.

„Aber ganz bestimmt. Wären wir auf Warnum geblieben, ich hätte nicht länger mitgemacht. Ich hätte meine Stellung kurzerhand gekündigt.“ (315 f.)

Der Ausdruck etwas sehr wird im folgenden Absatz gestrichen, da es sprachlich unkorrekt ist, und da das Verb betonte ohnehin die Bedeutung vermittelt.

„Ich selbst habe Ihnen nichts gesagt, bin auch überzeugt, daß Herr Eisenecker Ihnen«, er betonte das Wort etwas sehr, »nichts gesagt hat.“ (435)

In einem Dialog zwischen Harder und seiner Tochter Mette äußert sie ihre Befürchtung, ihrer Freundin Modeste von Karsküll und ihrem Verwandten Malte von Iversen könnte etwas Böses zugestoßen sein. Dieser komplette entfallene Satz beteuert noch einmal diese Sorgen: Gewiß, hoffentlich bald. Die Unruhe peinigt mich sehr. (478)

Im folgenden Beispiel ist das Partikel schon überflüssig, denn die Beschreibung der stark ergrauten Haare spielt auf das Alter der Person an und muss nicht durch ein Partikel bestärkt werden: Sein Haar war schon stark ergraut, doch straff die Haltung, ungebeugt die Gestalt. (147)

Im folgenden Auszug wird der Plan zur Entführung Harders von Jolanthe malerisch beschrieben. Sie beschreibt die Neugier der Geißel, wenn sie dem geheimnisvollen Apparat von Montgomery gegenübergestellt wird. Die gestrichene Phrase ist unnötig und fügt keine weitere Nuance hinzu.

„Ich sehe ihn… den Apparat flüchtig betrachten. Sehe ihn mit immer größer werdendem Interesse die Einzelheiten studieren, sehe ihn die Schrauben und Hebel bewegen… sehe ihn mit allen seinen Kräften darauf stürzen, sein Geheimnis zu lösen, ihn in Tätigkeit zu setzen… Und dann sehe ich…” (238 f.)

Auch in den folgenden Beispielen beeinflusst die Auslassung der unterstrichenen Phrasen den Inhalt nicht:

Mette rückt näher an sein Lager heran, neigte sich zu seinem Ohr, erzählte mit fliegendem Atem, was sie und Iversenmit Eisenecker auf der Fahrt verabredet… (380 f.)

Jolanthe sank auf die Knie und griff nach dem Saume seines Gewandes, es zu küssen. (385)

Ich selbst! Meine Stimme soll’s ihnen künden!“ (494)

In der kommenden Szene warten Lord und Lady Permbroke ungeduldig auf Jolanthe von Karsküll, um die Reise zu beginnen, auf der sie den Apparat Montgomerys besichtigen werden. Der Lord war durch seine privilegierten Beziehungen in der Lage der Baronin Jolanthe eine Besuchserlaubnis zu sichern. Diese kommt jedoch nur knapp vor dem Abfahrtstermin an, daher ist die Passage, die gestrichen wurde, eigentlich überflüssig.

„Ich begreife unsere Freundin nicht, Ellen. Noch zehn Minuten bis zum Start. In fünf Minuten werden die Laufstege eingezogen. Sie wird zu spät kommen, und sie war doch so begierig auf diesen Ausflug.“ (91)

Die gestrichenen Passagen mögen vielleicht informativ bedeutungslos sein. Sie spielen jedoch stilistisch eine wichtige Rolle. Sie vermitteln vor allem affektive Merkmale der Charakter. Die Streichung verwandelt den Text in einen sachlichen Bericht, der lebhafte Einzelheiten und Empfindungen verliert.

  • Korrektur von Fehlern

Einige Änderungen im Text dienen der Korrektur von scheinbar falschen oder unlogischen Sachverhalten. Eine solche Berichtigung wird bei der Amerikareise eingeführt. Die Reise nach Amerika ist eine Gelegenheit der Fantasie freien Lauf zu lassen. Das Flugschiff und die Reise werden ausführlich beschrieben. Sie zeichnen sich vor allem durch Schnelligkeit und Luxus aus. Der Flug an Bord der Potomac, des Transatlantikschiffs, wie es im Roman genannt wird, dauert bis zu den Niagara-Fällen 24 Stunden. Der Zustand von Malte von Iversen wird wie folgt dargestellt.

Jetzt saß er, streckte und verschnaufte sich. Die nächsten vierundzwanzig Stunden gehörten ihm. Hier konnte ihm Eisenecker nicht entkommen. (S. 113)

Er ist erleichtert, da er sich von der Verfolgung Eiseneckers ausruhen kann. Denn schließlich wird er nicht vom Flugschiff verschwinden können. Durch eine Panne muss jedoch das Flugschiff notlanden und er verliert Eisenecker aus den Augen. In der Nachkriegsfassung wird vierundzwanzig durch zwölf berichtigt. Dies ist die korrekte Dauer des konkreten Flugs bis zur Notlandung. Die literarische Darstellung der Empfindungen der Figuren wird verdrängt.

Die Korrektur im folgenden Auszug hängt mit der Kohärenz des Absatzes zusammen. Der unterstrichene Teil, der die lokale Information trägt, wird gestrichen, da er eingeschoben und zusammenhangslos bei der modalen Erläuterung der Hitze wirkt. 

Dann, als ob ihm das noch nicht genug, zog er ein rotseidenes Tuch heraus, mit dem er sich Luft zufächelte, während er sich immer mehr vom Ufer entfernte. Und schließlich, als wäre ihm die Hitze ganz unerträglich geworden, entfaltete er ein neues weißes Tuch und führte auch das ans Gesicht. (S. 140)

Es wird auch die Bezugsperson Modestes von Karsküll verändert. Die junge Baronesse wird von ihrer Schwester dem Hof in Spanien eingeführt. Sie lernt dort den Prinzen Ahmed, den Bruder des Kalifen, kennen und wird von seiner leidenschaftlichen Zuneigung überrascht. Sie möchte diese ablehnen und weiß nicht, wie sie demgegenüber handeln soll. Sie bekommt eine Idee, sich an ihrer Gastgeberin Fürstin Iraklis zu wenden (150). In der neuen Fassung des Romans wird anstelle dieser ihr Gemahl der Fürst genannt. Dies mag an der Verwandtschaft zwischen ihm und ihrer Stiefschwester Jolanthe liegen. Jedoch ist es eher unwahrscheinlich das sich die junge Frau Modeste bei einer solchen Angelegenheit an einen Mann wendet.

Die folgende Änderung ist diaphasisch. Das Lexem Lärm (164) wird durch Unruhe ersetzt. Der Minister hält eine Rede vor einer Versammlung von hohen Funktionären und gerühmten Wissenschaftlern. Die mürrische Stimmung wird dadurch erweckt, dass die Engländer nicht in der Lage waren, das Gerät Montgomerys zum Funktionieren zubringen. Diese Fassung wird in der Originalfassung als Lärm beschrieben, was nicht zu dem Status der Anwesenden passt.

Einige weiteren Passagen wurden gestrichen und neu geschrieben. Im folgenden Teil scheint der getilgte Teil unverständlich und wird durch einen einfacheren klaren Satz ersetzt. So heißt es in der Originalfassung:

Das Rätsel war gelöst, die Kräfte des Apparates dienstbar gemacht. Heute noch die des einzelnen hier. Morgen schon die der danach entstandenen. (385)

In der Nachkriegsfassung steht stattdessen: Heute noch für den Einzelnen hier. Morgen der ganzen Menschheit.

Anders ist es im folgenden Beispiel. Hier wird eine neue Bedeutung eingefügt, um kohärenter zu wirken. Mette versucht ihren Vater zu überreden mit Eisenecker zu sprechen. Er war einst ihr Geliebter und ein intelligenter Ingenieur an den Werken ihres Vaters. Der Vater befindet sich in einem hoffnungslosen Zustand, denn auch er und seine Mitarbeiter sind nicht fähig, das Geheimnis der Atomkraft zu entdecken. Eisenecker hat die Lösung schon gefunden. Mette bitte ihren Vater daher darum, dieser Begegnung zwischen ihnen eine Chance zu geben. Die Originalfassung lautet: „Sprich mit ihm, Vater, und alles wird anders werden.“ (380) In der Nachkriegsfassung heißt es: „Sprich mit ihm, nur das eine bitt‘ ich dich, Vater.“ Dieser Satz ist aus dem Roman selbst entnommen und wird wenige Zeilen später wiederholt. Die Wiederholung bekräftigt den Wunsch der Tochter.

In den angeführten Änderungen handelte es sich meistens um die Streichung von Wörtern und Phrasen. Im Roman wurden jedoch auch ganze Absätze gänzlich eliminiert, wie sich im Folgenden zeigen wird.

  • Eliminierung von anstößigen Textpassagen

Nach dem Krieg wurde die Neu- und Wiederauflage von erotischen Literaturwerken verboten (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Zensur_in_der_Bundesrepublik_
Deutschland#1948_bis_1970
). Herzog verbindet dies mit dem Wunsch der deutschen Gesellschaft sich von den Gräueltaten des Nazi-Regimes zu distanzieren.  Das deutsche Volk wollte Anstand, Sittlichkeit und Moral zeigen und die Jugend zu guten Sitten erziehen. (https://www.tagesspiegel.de/kultur/kein-sex-vor-der-ehe-am-besten-auch-nicht-danach-3988123.html abgerufen am 4.2.2023). Dies war auch Teil der Nachzensur von anderen Werken. Anstößige Textpassagen im Allgemeinen wurden zensiert. Im vorliegenden Roman wurde auf jegliche Andeutungen körperlicher Erregung verzichtet – und sei sie auch noch so minimal.

In zwei Absätzen werden die starke Neigung des Kalifen Abdurrahman zu Jolanthe und die des Prinzen Ahmed zu Modeste geschildert. Beide Textpassagen (295, 447) werden komplett gestrichen.

An anderen Stellen im Text werden einige Phrasen, hier die unterstrichenen, getilgt:

Stärker brannte die Glut auf den Wangen Jolanthes. (49)

Mit stillem Entzücken sah er die feine Röte, die bei seinen Worten an ihrem Nacken emporstieg, sich im goldigen Kraus des Haares verlor. (334)

„Mit Schaudern… mit Entsetzen sah ich, was die Sterne mir offenbarten… in Blitz und Feuer der schönste Leib, der je gelebt … in die Lüfte gerissen …“ (387)

Beim Klang ihrer Stimme war Abdurrhaman zusammengezuckt… warf wilde Blicke um sich. Sie legte ihre Hände um seinen Kopf, zog ihn an sich, strich leise darüber… küßte ihm Augen und Mund. „Komm! Es ist Zeit!… Schon neigt sich der Mond.“ Eng umschlungen, als wären sie eins, gingen sie zum Löwenhof zurück, setzten sich nieder auf der Bank. (526)

Jede Beschreibung der Schönheit Jolanthes wird gestrichen, wobei hier anzumerken ist, dass dies auch dazu dient die Verherrlichung dieser Figur zu neutralisieren: Ein königliches Weib! (386), Sah das schönste Antlitz, das je ein Weib geziert (390), Das wunderschöne Antlitz (392).

Das Entfallen dieser Textpassagen dient zwar einem sprachpolitischen Zweck, er beraubt dem literarischen Werk jedoch einen Teil seiner Lebendigkeit und die Gefühlsbetonung.

  • Politische Anpassung

Bei der politischen Anpassung handelt es sich um eine neue kulturelle Umstellung zur Einführung der Demokratie und um eine neue Haltung der deutschen Gesellschaft der Besatzungsmächte gegenüber herzustellen. Das Bild der Länder der Besatzungsmächte muss daher einerseits verschönert bzw. entlastet werden. Andererseits muss Respekt und Achtung den Siegermächten gegenüber gezeigt werden. Aus diesem Zweck werden Textpassagen im Roman, die ein verzerrtes Abbild von ihnen hervorrufen könnte, überarbeitet.

Da es sich um eine Nachzensur handelt, wird hier nicht direkte Kritik an die Besatzungsmächte vermieden, sondern Textauszüge, die möglicherweise eine Kritik erwecken könnten, gestrichen oder modifiziert. Die Handlung im Roman ist global. Die Ereignisse passieren auf vier Kontinenten, und zwar Europa, Afrika, Asien und Amerika. Alle Parteien der Besatzungsmächte sind mehr oder weniger im Roman verwickelt. Am meisten wird England thematisiert. Es bildet das Ebenbild von Deutschland auf politischen und wissenschaftlichen Gebieten. Auch Amerika wird insbesondere auf wissenschaftlicher Ebene in die Handlung des Romans eingebunden, wobei die wissenschaftliche Überlegenheit Deutschlands hervorragt. Auch Russland wird an einigen Stellen erwähnt und zensiert. Frankreich wir nur marginal im Roman behandelt und erfährt keine Zensur.

Im Folgenden soll erörtert werden, wie die Zensur aufgrund der beabsichtigten Zwecke und innerhalb der Handlungsstränge sprachlich erfolgte.

  • Die Amerikaner

Im Roman tritt Amerika als ein fortschrittliches organisiertes Land mit industriellem und technologischem Potential auf. Nichtsdestotrotz werden schon zu Beginn des Romans die Amerikaner als aggressiv und invadierend dargestellt, wie im folgenden Auszug:

Später noch, als überzudringliche Amerikaner sich nicht scheuten, von oben her einzudringen […], auch in der Höhe ein hochgeladenes Netz, das tötende Funken auf jedes Fahrzeug warf. (14)

Amerikaner wird daher in der Auflage der Nachkriegszeit durch Besucher ersetzt. Das feindliche Bild wird dadurch entschärft.

Im Roman erscheint Amerika an manchen Stellen als Deutschland unterlegen. Es hinkt auf allen möglichen Gebieten – wissenschaftlichen, diplomatischen, journalistischen – den Deutschen hinterher.

Einige Gelehrte hatten sogar von einer hemdsärmeligen amerikanischen Physik gesprochen, wie man in früheren Zeiten wohl ähnlich von der amerikanischen Diplomatie zu sprechen pflegte. (114)

Durch die Streichung des Attributs amerikanischen wird die pejorative Beschreibung der amerikanischen Physik und Diplomatie als salopp und formlos getilgt.

Ein weiteres Ereignis im Roman wird instrumentalisiert, um die wissenschaftlichen Fähigkeiten Amerikas zu denunzieren. Der deutsche Ingenieur und Wissenschaftler Eisenecker, der das Geheimnis der Atomenergie schon längst gelüftet und davon profitiert hat, begibt sich nach Amerika, um sich bei einem Experiment als Zuschauer zu beteiligen. Die amerikanischen Wissenschaftler versuchen in diesem Experiment die Kraft der Niagarafälle zu nutzen, um eine Kernspaltung von Quecksilber auszulösen.

Der Versuch Jeffersons… die Riesenenergie der Niagarafälle auf ein wenig Quecksilber loszulassen… er lächelte bei dem Gedanken daran… ein erheiterndes Zwischenspiel, das auf ihn wirken sollte wie der Besuch einer guten Komödie. (117)

Eisenecker amüsiert sich bei diesem Gedanken und später bei der Besichtigung des gescheiterten Experiments. Doch dieser Humor wurde in der Nachkriegsfassung nicht mehr geduldet und die Passage entfällt.

Das Experiment blieb im Roman erfolglos, sogar lächerlich. Das sollte nicht mit den Amerikanern in Verbindung gesetzt werden, daher entfällt das Adjektiv amerikanisch in der folgenden Passage.

Um 12 Uhr würden sich 35 Millionen Pferdestärke auf dieses Quecksilber stürzen, würden es… wie die amerikanischen Physiker erwarteten… zertrümmern… in Gold… in Helium… in Nichts. (138)

An anderer Stelle wird der Verweis auf die amerikanische Presse getilgt. Jede geo-politische Determinierung wird gestrichen, wenn sie eine Minderwertigkeit dieser Partei anspielt. Die amerikanische Presse wird im kommenden Absatz als ungenau und unbeholfen dargestellt.

Acht Tage und acht Nächte, in denen die amerikanische Presse sich in Vermutungen und Prophezeiungen überbot. (177)

Die Anspielung auf die Möglichkeit, dass Amerika das Gerät Montgomerys gestohlen hätte, wurde beseitigt, wie im folgenden geänderten Auszug zu erkennen ist: Amerika? […] Kamen die ernsthaft für den Diebstahl in Betracht? (173)

Wie demonstriert, dient hier die Zensur der Aufarbeitung des Amerikabildes, so dass die pejorative Haltung ihr gegenüber getilgt wird.

  • Die Russen

Die Beziehung Russlands zu den anderen Parteien war nicht unbedingt harmonisch. Sie waren sich jedoch darüber einig, dass sie der gefährlichen Bedrohung der Deutschen ein Ende setzen wollten, indem man sie einer kulturellen Umerziehung unterzieht. Dieses gemeinsame Ziel führt bei der Zensur dazu, dass ein positives bzw. ein neutrales Bild von Russland abgegeben werden sollte.

Eine der wichtigsten Figuren im Roman ist Baronin Jolanthe von Karsküll. Sie ist eine europäische Adelige, die sich mit den türkischen Feinden verbündet und Intrige gegen Europa unternimmt, um dort die maurische Macht zu festigen. Sie ist väterlicher- und mütterlicherseits russischer Abstammung und verbrachte ihre Kindheit bei ihren russischen Großeltern. Als ihr Vater starb, begab sie sich für eine kurze Zeit mit Modeste, ihrer Stiefschwester aus einer zweiten Ehe ihres Vaters, nach Deutschland. Sie ist eine ehrgeizige Person und strebt die Nähe zum Kalifen an. Um dies zu erreichen, scheut sie keine Tat, die diesen Feind Europas unterstützen könnte. Diese Konstellation der Persönlichkeit der Baronin Jolanthe von Karsküll ist sehr kritisch, denn sie steht durch ihre Abstammung stellvertretend für die russische Seite. Die Russen als eine Partei der Besatzungsmächte werden als europafeindlich dargestellt, die sich mit den Mauren aus dem islamischen Reich verbünden. Durch die Streichung vom Adjektiv russisch wird versucht, dies zu beschwichtigen, damit Russland im Roman nicht als anti-europäisch hervortritt.

Die Baronin Jolanthe von Karsküll, 28 Jahre alt, Tochter des verstorbenen russischen Obersten Alexander Baron von Karsküll und seiner Ehefrau Sinaide, geborenen Fürstin Iraklis, russische Staatsangehörige, zurzeit wohnhaft in London, Osterley-Park 12, erhält hiermit die Erlaubnis, Montgomery-Hall in Begleitung von Sir Arthur Permbroke am 15. Juni zu besuchen. (21)

Im folgenden Auszug erklärt Modeste von Karsküll, Stiefschwester Jolanthes, die Gründe ihrer Ablehnung des Prinzen Fuad. Sie führt dies auf die unterschiedliche Abstammung beider Schwestern zurück. Dies wird mehrfach sprachlich hervorgehoben. Wörter wie unsere Naturen, von Blute und Geschlecht weisen distinkt auf diesen Unterschied zwischen den Schwestern hin. Der Satz, der ausdrücklich die Zugehörigkeit Jolanthes zur russischen Mutter und die damit verbundene Gesinnung und Verhaltensweise aufweist, entfällt gänzlich. Diese Eliminierung erfolgt zur Verschönerung der russischen Seite. Gleichzeitig wurde dabei ein weiteres Ziel erreich, und zwar die Entnazifizierung, da der rassistische Ton getilgt wird.

„Jolanthe… du hast es selbst früher so oft gesagt, daß unsere Naturen völlig verschieden sind. Du hast wenig dem von Blute der Karskülls in dir. Du artest mehr nach dem Geschlecht deiner Mutter. Für dich mag die Aussicht, Prinzessin Fuad zu werden, verlockend sein. Bei dir mögen alle Gründe, die dagegen sprechen, zurücktreten. Ich denke anders!“ (203)

Im Roman spielt das Land Russlands eine marginale Rolle. Es wird vor allem als Feind der islamischen Länder dargestellt. Bemerkenswert ist, dass die russische Heldin Jolanthe Intrige gegen Russland im Interesse der Mauren ausführt (157 ff.). In diesem Zusammenhang wird jeder Hinweis auf Russland im Text eliminiert. Jolanthe begibt sich in der Nachkriegsfassung in ein unbestimmtes feindliches Land und ist dort in der Lage, die Abschriften mit den feindlichen Kriegsplänen zu stehlen.

Als der letzte Krieg gegen die Russen ausbrach, war sie eines Tages aus meinem Hause verschwunden. (157)

Als sie bei ihrer Bitte beharrte, machte ein Adjutant scherzend den Vorschlag, sie möchte doch die russischen Kriegspläne aus Moskau holen und uns bringen. (158)

Die unterstrichenen Wörter werden in der Nachkriegsfassung eliminiert.

Russische Pläne wird nach der Zensur durch Feind-Pläne ersetzt: Man öffnete es, und es waren die Abschriften der russischen Pläne. (159) Die Zensur beseitigt den russischen Mitspieler trotz seiner marginalen Rolle, die in den Ereignissen nie gegen Europa oder Deutschland handelt, gänzlich aus dem Roman. Ob dies für die Umerziehung nützlich gewesen war, ist fraglich. Vielmehr geht eine wichtige Komponente der Parteien im Roman verloren und verbleicht fast komplett aus der Handlung.

Eine solche Ausgrenzung ist bei der Behandlung der Textpassagen, in denen Engländer vorkommen, kaum möglich, wie nun gezeigt werden soll.

  • Die Engländer

Die Beziehung zwischen Deutschland und England ist eine der wichtigsten Beziehungen im Roman. Der Wettbewerb um die Entdeckung der Atomkraft spielt sich zwischen diesen beiden Polen ab. England hat dabei den Vorsprung. Der englische Physiker Montgomery hatte einen Apparat entwickelt, mit dem eine Kernspaltung durchgeführt werden konnte. Diese Kernspaltung würde eine enorme Energie freisetzen, die als Waffe benutzt werden oder durch die man Elemente in Gold verwandeln könnte. Doch dieser Wissenschaftler stirbt, ohne das Geheimnis des Apparats weiterzugeben. Auf dem zweiten Platz stehen die Riggers-Werke in Deutschland. Diese wissenschaftliche Institution mit ihren vielen Experten versucht ebenfalls eine Kernspaltung zustande zu bringen. Es gelingt ihnen jedoch zu Beginn nicht. Nur Eisenecker ein ausgetretener Physiker enthüllt das Geheimnis gleichlaufend mit Montgomery, ohne dass jemand davon erfährt. Hier zeigt sich die starke Konkurrenz zwischen den beiden Polen. An dritter Stelle kommen die Amerikaner, die den europäischen Wissenschaftlern in dieser Hinsicht hinterherhinken. Und schließlich ist ein ägyptischer Wissenschaftler Ibn Ezer in der Lage, den Apparat Montgomerys in Gang zu setzen.

Diese wissenschaftliche Konkurrenz zwischen Deutschland und England wird immer wieder im Roman thematisiert. Sie dient dazu Kritik an die englische Politik und Wissenschaft zu üben. Diese Kritik ist nach Kriegsende nicht mehr akzeptabel. Die britische Besatzungsmacht muss ihren Status bewahren. Die folgenden zensierten Auszüge werden zeigen, wie dieses Bild in der Nachkriegsfassung neutralisiert wird.

Ich kann mir denken, Sir Arthur, daß die englische Regierung sich zu einem solchen Schritt nur sehr ungern entschließen würde. Bedeutet er doch zum mindesten für die englischen Physiker das Eingeständnis einer schweren Schlappe. Ganz abgesehen von anderen Gründen, die gegen einen solchen Weg sprächen.« (24)

Anstelle die englische wird nun das Possessivpronomen unsere eingesetzt. Auch weiterhin im Roman wird jede geo-politische Einordnung, wo nicht unvermeidbar, gestrichen. Die Determinierung der Nationalität hat die Funktion die deutsche Rolle im europäischen Handeln hervorzuheben und gleichzeitig die Rolle anderer Nationen, insbesondere die der Engländer, zu degradieren. Hier werden die englische Regierung und die englischen Wissenschaftler in einer schamhaften Lage dargestellt – sie erhielten eine schwere Schlappe (24), wobei die deutsche Seite klar überlegen ist. Durch die Zensur soll die Blamage nicht der englischen Regierung angehaftet werden.

Im folgenden Beispiel wird durch die Streichung Englands aus dem Text die europäische Zugehörigkeit hervorgehoben.

Bei der ungeheuren Wichtigkeit, die der Besitz der Erfindung für Europa, ich betone: nicht nur für England, sondern für ganz Europa hat, dürfte es doch ganz einerlei sein, wer das Geheimnis löst, ein Engländer oder ein Deutscher. (25)

Im letzten Teil stehen deutsche Wissenschaftler den englischen ebenbürtig gegenüber. Dies ist nach der Niederlage nicht mehr angemessen. Die Umerziehung des deutschen Volks, beabsichtigte es den deutschen Stolz zu verdrängen und anstelle dessen ein Schuldgefühl hervorrufen. Der Text verliert diese Spezifizierung und wird ins Allgemeine versetzt. Damit wird einerseits das Selbstgefühl geschwächt und gleichzeitig wird eine provokative überhebliche Geste von den Besatzungsmächten vermieden.

Im folgenden Auszug geht es um den Druck, den die deutsche Regierung und Presse auf die englische Regierung ausübt, um eine wissenschaftliche Zusammenarbeit im Bereich der Atomenergie zu erreichen.

Bedurfte es doch einer ganz besonderen Hingabe, auf dem einmal beschrittenen Wege weiterzugehen, weiterzuarbeiten und ein Ziel zu erstreben, das jener Engländer schon erreicht hatte. […] Sie wissen, daß die deutsche Presse es der englischen Regierung seit dem Tode Montgomerys sehr nahegelegt hat, Physiker der Riggers-Werke zum Studium und zur Inbetriebsetzung des Apparates heranzuziehen. Ich kann Ihnen weiter sagen, daß auch unsere Regierung mit einem derartigen Schritt an die englische Regierung herangetreten ist. Heute morgen kam die Antwort: Nein! (51f.)

Die Adjektive deutsch und englisch entfallen in diesem Auszug und damit auch die Darstellung Deutschlands als ein ebenbürtiges Land, das Druck auf England ausübt.

In der Nachkriegsversion entfällt der folgende Satz vollständig: Insofern ist es nur vorteilhaft für unser Werk, daß England selbst die Zusammenarbeit ablehnt (53 f.). Die vorteilhafte Situation für die Riggers-Werke, dass sie nun die Chance haben, im Bereich der Atomwissenschaft an der Spitze zu stehen, wird ausgesetzt. Dass die deutschen Wissenschaftler einen Vorsprung in diesem Bereich haben könnten, wird somit getilgt. Daher wird auch folgender Satz in der Nachkriegsfassung geändert: Es handelt sich darum, daß wir es vor den Engländern lösen (S. 55). Vor den Engländern wird ersetzt durch schnellstens. Die Konkurrenz wird aufgehoben. Es wird zu einem gemein europäischen Problem.

Im sechzehnten Kapitel befindet sich die britische Regierung in einer skandalösen Situation. Das Gerät Montgomerys war verschwunden. Die kritische Situation wird in der Nachkriegsfassung beibehalten. Jedoch werden alle geo-politischen Hinweise auf England gestrichen. Im folgenden Beispiel wird der Genetiv gestrichen, damit die englische Wissenschaft nicht herabgewürdigt wird.

Murren, halblaute Zwischenrufe in der Versammlung… ‚unmöglich… unerhört… eine Blamage der englischen Wissenschaft vor ganz Europa‘… (164)

Auf den darauffolgenden Seiten (165 ff.) des Kapitels wird jeder Hinweis auf England gestrichen, um diese herabsetzende Darstellung Englands zu umgehen. Phrasen wie ungeheure Blamage, vernichtendes Armutszeugnis, unsicher (165), schweren Stand (159), dem allseitigen Druck weichend, Diebstahl, trotz aller Sicherungen und trotz aller Wache gestohlen, Vorwürfe, Fahrlässigkeit (169) usw. werden mit England verbunden. Unter diesem nationalen und internationalen Druck gab die englische Regierung schließlich nach und beschloss, dass nun auch andere Physiker den Apparat untersuchen. In der Nachkriegsfassung gibt es keine Spur davon, dass England diesem Druck nachgibt. Der folgende Paragraf entfällt komplett aus dem Roman. 

„Das britische Ministerium hat daher einstimmig beschlossen, der europäischen Bundesregierung ihre Bereitwilligkeit zu erklären, den Apparat Montgomerys durch andere von den Regierungen in Vorschlag zu bringende Physiker untersuchen zu lassen. …“ (165)

In einem Vergleich zwischen den deutschen und den englischen Physikern, wird die Andeutung, dass die englischen Physiker den deutschen Gelehrten nachstehen (172), gestrichen. Auch in den folgenden Auszügen entfällt das Attribut englisch. Es wird versucht, jede Diffamierung, Herabsetzung und Kritik an England zu löschen. Der Raub des englischen Apparats von den Engländern ist eine Blamage, daher wird der geo-politische Hinweis beseitigt. Aber auch die Tatsache an sich, dass der Apparat von England gestohlen wurde, ist ein großer Skandal. 

Die Notiz eines hiesigen Mittagsblattes, daß die so plötzlich veränderte Sprache der scherifischen Regierung aller Wahrscheinlichkeit nach darauf zurückzuführen sei, daß der englische Apparat von maurischer Seite geraubt sei und sich im Besitz der maurischen Regierung befindet, dürfte jeder Begründung entbehren. (271)

Nur die Anspielung darauf, dass ein englischer Wissenschaftler einen solchen Betrug begehen könnte, wird eliminiert.

„Kaum anzunehmen. Wollte er den Apparat unbrauchbar machen, hätte er ihn ganz vernichten können. Und doch! Wer könnte es sonst gewesen sein? Einer von den Gelehrten, den englischen Physikern? Ebenso ausgeschlossen.” (312)

Jolanthe die listige Baronin lebt in der englischen Gesellschaft und genießt dort Respekt und Adel-Status. Trotzdem begegnet sie all dem mit Tücke und Betrug und hält die englische Gesellschaft und sogar Regierung zum Narren. Sie benutzt deren Großzügigkeit und Vertrauen, um ihre listigen Pläne auszuführen. Der Spezifizierung auf die englische Gesellschaft wird durch die Streichung des Adjektivs verallgemeinert.

„Ja. Jolanthe besitzt dort ein eigenes Haus. Viele Bekannte in der englischen Gesellschaft. Sie erzählte mir so viel Angenehmes und Schönes darüber, daß ich eigentlich nur deshalb einwilligte, als sie mich vom Tirsenhof holte.“ (331)

Im folgenden Abschnitt werden die osmanischen Wissenschaftler auf Kosten der englischen als geschickter und intelligenter hervorgehoben. Sie nahmen den englischen Apparat in ihren Besitz und sind in der Lage, ihn in Gang zu setzten. Durch die Streichung des Attributs wird der Vergleich und die dahinterliegende Kritik entschärft.

Er überdachte nicht weiter, wie der Apparat in die Pyramide gekommen, dachte nur mit einem Gefühl der Bewunderung, das nicht ganz frei von Neid, daß dem in so kurzer Zeit gelungen, was die Blüte der englischen physikalischen Wissenschaft nicht vermocht. (469)

Wird im Roman das herabsetzende Bild der Amerikaner immer humorvoll wiedergegeben, so ist das bei der Darstellung der Engländer anders. Mit England wird um die Wette gerannt. Sie sind die wahren Konkurrenten der Deutschen. Die Kritik an englische Politik und Wissenschaft ist daher sehr scharf im Roman, um die deutsche Überlegenheit herauszukristallisieren. Die Zensur versucht diese Schärfe zu relativieren, indem die geo-politische Determinierung ausgelassen wird. Auch hier verliert der Text eher Farbe, denn diese Konkurrenz gehört zu den Spannungsmomenten im Roman. Nichtsdestotrotz geht daneben immer der Wunsch hervor, dass sich Europa vereint und ihre Konflikte beiseitelegt, um den Feind, hier die Mauren, gemeinsam zu bekämpfen. Eine weitere Dimension im Roman ist daher Europa, die im Folgenden behandelt werden soll.

  • Die Neupositionierung Europas

Im Roman wird das Thema eines vereinten Europas angesprochen. Immer wieder wird der Vorschlag gemacht, dass europäische Wissenschaftler gemeinsam das Problem der Atomkraft angehen sollten. Auch politisch wird ein europäischer Staatenbund (25) angestrebt. Auch was die Massenmedien anbetrifft, so ist die Rede von einer europäischen Zeitungsstimme (114). In diesem Beispiel wird der geo-politische Hinweis auf Europa gestrichen. Die zentrale Rolle Europas wird in der neuen politischen Weltszene nach dem Krieg verschoben. Neben Europa sind nun auch Russland und Amerika wichtige Mitspieler. Die Eurozentrismus im Roman wird so weit wie mögliche aufgelockert, um die anderen Weltmächte nicht auszuschließen.

Im folgenden Beispiel wird Europa auf England und Deutschland eingegrenzt. Durch die Streichung der Attribute ist der kontinentale Bezug umfassender. Gleichzeitig wird die ebenbürtige Gleichsetzung Deutschlands mit England relativiert.

Wir mußten fürchten, daß es den europäischen Gelehrten, englischen und deutschen, doch in absehbarer Zeit gelingen würde, den Apparat Montgomerys in Tätigkeit zu setzen. (229)

Die Streichung des Dativobjekts in der kommenden Infinitivkonstruktion eliminiert ein obligatorisches Satzglied, was den korrekten Satzbau bricht. Sie ist jedoch insofern nötig, da der Raub an sich Kritik an England impliziert. Er bringt die Blamage Englands wieder auf. Die Streichung Europas bewirkt auch hier, dass ihre globale Relevanz in den Hintergrund gerückt wird.

Blieb also nur die Erklärung, der Zweck des Raubes war, England, respektive Europa, die Waffe aus der Hand zu schlagen… (242)

Im folgenden Beispiel träumt Jolanthe triumphierend von der Niederlage Europas im Allgemeinen und Deutschlands im Besonderen. Sie verspotte dabei die Deutschen und stellt sie als schwach, demütig und feige dar. Dieses Bild wird um den unterstrichenen Satz gekürzt, da er für die Nachkriegszeit die deutsche Partei als den starken Hauptfeind darstellt. Die Größe Deutschland wird relativiert. Der Spott wird somit verallgemeinert und bezieht sich auf Europäer schlechthin.

„Ich denke, die werden sich hüten, mein Prinz. Unsere zwölf Apparate, über Europa von unserem Flugschiff abgeworfen… zwölf Warnums… in hundertfacher Größe… halb Europa ein Trümmerhaufen…“ Sie lachte laut auf. „… da werden die Herren das bessere Teil der Tapferkeit wählen. Ihr kühner Mut wird dahinsinken. Der Deutsche! … Ich sehe ihn schon bleich werden… mit zitternden Knien zurückfliehen, woher er gekommen. Keiner, der es wagen wird, gegen uns zu sein. Der Einsatz wäre zu groß!“ (451)

Harder der deutsche Inhaber der Riggers-Werke, die die Atomenergie freisetzen konnten, äußert in einem überheblichen Ton seine Meinung zu dem Anspruch einiger Länder außerhalb Europas auf das Geheimnis der Atomenergie. Er ist der Meinung, dass Europa zunächst ihre Wirtschaft mithilfe der Energie verbessern sollte, bevor jemand anderes davon profitiert. Die Streichung des folgenden Satzes aus diesem Kontext eliminiert einerseits die überhebliche Haltung Harders. Andererseits wird dadurch der Eurozentrismus aufgehoben.

Diese Forderungen einiger außereuropäischer Staaten, auch ihnen gleichzeitig die neue Energie dienstbar zu machen, kann ich nur als eine Anmaßung bezeichnen.“ (508)

Eine unmittelbare Kritik an ganz Europa ist im folgenden Abschnitt vorhanden. Die Besatzung Spaniens ist an sich eine Demütigung Europas und die Unfähigkeit Europas sich zur Verteidigung zu verbünden ist ein weiterer Skandal. Das Wort Schmach, das eine Entehrung Europas anspielt, wird gestrichen. Ebenso wird die offensive pejorative Bezeichnung der europäischen Staatsmänner als Staatenklüngel getilgt.

Selbst die letzte, größte Schmach, die Besetzung Spaniens bis zu den Pyrenäen durch das mauretanische Reich, hat es nicht vermocht, diesen Staatenklüngel zu sprengen, die europäischen Staatsmänner zu europäischem Denken zu erziehen. (25)

Die Schmach noch immer nicht getilgt! (120)

Die Zensur bewirkt eine Neupositionierung Europas aus dem Zentrum in die Peripherie, was als Verlust für Europa gelten sollte. Tatsächlich hat Europa im kalten Krieg der Nachkriegszeit nicht mehr denselben Stellenwert.

  • Entnazifizierung

Ein Hauptziel der kulturellen Umerziehung Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg war die Entnazifizierung. Die Zensur des Romans versucht dies zu erreichen, indem das Nationalgefühl der Deutschen abgebaut und die deutsche Tradition verdrängt wird und indem der deutsche Wortschatz von den Ausdrücken des Militarismus geklärt wird. 

  • Senkung des Nationalgefühls

Der Stolz der Deutschen auf ihre Identität und ihr Bezug vor allem zur preußischen Tradition und Tugend sollte minimalisiert werden.  In vielen veränderten Passagen tritt dies zum Vorschein; so z. B. im folgenden Satz.

Ich denke in erster Linie an die Physiker der Riggers-Werke in Deutschland, die seit Jahren auf dem gleichen Gebiete arbeiten. (24)

In Deutschland entfällt in der Nachkriegsfassung. Im Roman spielen insbesondere die Riggers-Werke eine große Rolle. Diese wissenschaftliche Institution hat die Aufgabe die Atomenergie zu entwickeln und ist dazu auch durch ihre intelligenten Ingenieure und technologische Ausstattung fähig. Im Roman wird immer wieder betont welche hervorragende Rolle die deutschen Wissenschaftler für Europa spielen. Deutschland war dafür auch berühmt. Die Eliminierung des Quartiers dieser Werke dient dazu, diesen wissenschaftlichen Status der deutschen Gesellschaft zu verbergen und schwächt somit das Nationalgefühl und den Stolz der Deutschen.

Es wird wo immer möglich der Verweis auf Deutschland gestrichen. So auch im folgenden Beispiel:

Goldbarren sind keine allzu häufige Handelsware, und sehr schnell konnte festgestellt werden, daß der Barren vor 46 Tagen bei der Mitteldeutschen Diskontobank in Hannover verkauft worden war. Ich betraute Sie mit der Ermittlung des Verkäufers. (S. 70)

An einer weiteren Stelle wird der Paragraf geändert, um den Verweis auf Deutschland zu beseitigen. So heißt es im Original:

Die Zeitdifferenz von sieben Stunden zwischen Deutschland und Mittelamerika kam ihr bei dem Westflug zugute, so daß sich für die Reise nur eine scheinbare Fahrzeit von siebzehn Stunden ergab. (S.112)

In der Nachkriegsfassung entfällt jeder Bezug auf Deutschland. Dabei wird die Konzentration auf Deutschland als Zentrum der Ereignisse und als Zentrum Europas aufgelöst.

Nach einer Fahrzeit von genau zwölf Stunden sollte sie fahrplanmäßig am folgenden Tage bei den Fällen landen. Die Zeitdifferenz von sieben Stunden zwischen Europa und Mitteleuropa [sic.! Mittelamerika] kam ihr bei dem Westflug zugute.

Die wissenschaftliche Überlegenheit Deutschlands wir im Roman auch so weit wie möglich geschwächt. Im folgenden Satz ist die Rede vom Bau mehrerer Kraftwerke in Spanien im Auftrag einer deutschen Institution. Die Riggers-Werke stehen im Roman für die deutsche Fortschrittlichkeit in Technik und Forschung sowie für wissenschaftliche Überlegenheit. Die Streichung der Riggers-Werke eliminiert diese Symbolik.

Seine Gedanken flogen zu der spanischen Halbinsel, flogen zurück durch die Jahre. Zurück zu der Zeit, als er im Auftrage der Riggers-Werke dort die großen Kraftwerke in Segovia, in Zamora und bei La Roda baute. (121)

Dieser wissenschaftliche Vorsprung und die damit verbundene militärische Errungenschaft wird daher an mehreren Stellen gestrichen, wie die folgenden Beispiele zeigen: Inzwischen ist zu befürchten, daß das Problem von anderer Seite, zum Beispiel in Deutschland, gelöst wird. (228) Der türkische Kalif und seine Mitarbeiter befürchten, dass die deutschen Forscher vor ihnen das Geheimnis des Apparats von Montgomerys entdecken könnten.

Des Weiteren wird der Rang der Riggers-Werke in der folgenden Passage durch den Eingriff in den Text heruntergefahren. Das Genitiv-Attribut der Riggers-Werke entfällt und somit auch der Bezug auf die Physiker, die dort tätig sind. Die Integrität der Deutschen und ihre Unbestechlichkeit wird ihnen nicht länger zugesprochen. Das Ersetzen des Wortes Deutschen mit Gelehrten ist ein weiter Eingriff, der diesen Stolz erweckenden Eigenschaften und Tugenden verdecken soll.

„… Können wir vorläufig die Kräfte des Apparates nicht bedienen, so ist doch auch Europa die Möglichkeit verschlossen, das Geheimnis durch die Physiker der Riggers-Werke zu lösen.« »Sollte es nicht möglich sein, Sire, den einen oder den anderen dieser Leute durch hohe Summen zu bestechen und sie zu gewinnen, für uns zu arbeiten?« »Unmöglich! Diesen Deutschen ist mit Gold nicht beizukommen.“ (234)

Bei einer weiteren wichtigen deutschen Figur im Roman, Modeste von Karsküll, wird durch die Zensur versucht, ihre deutsche Natur und Abstammung zu verdrängen. Im folgenden Satz entfällt das Attribut deutsches in Bezug auf Blut. Damit werden nicht nur die Standhaftigkeit Modestes und ihre Treue zu ihrer Heimat, die auf ihr deutsches Wesen beruht, geschwächt. Vielmehr könnte diese Wortkombination die Apartheit der Politik des Nationalsozialismus anspielen. Die Streichung dient somit nicht nur der Entpreußung sondern auch der Entnazifizierung.

„Das Ganze müßte, wie ich Modeste kenne, anders angefaßt werden“, fuhr Jolanthe fort. „Ihr kühles deutsches Blut vermag sich nur schwer zu entzünden. Prinz Ahmed… wie ein Feuerbrand müßte er über sie kommen, daß sich an seiner Glut ihr Herz entflammt…“ (327)

Eine Streichung mit gleicher Absicht erfolgt im folgenden Absatz:

Wie hier fortkommen? Modeste sprang auf. Das alte Karsküllsche Blut in ihr wallte auf. Weg von hier! … Fort aus dieser unwürdigen Gefangenschaft! (443)

Der folgende Auszug weist auf die Verbundenheit Modestes zu ihrer Tradition hin. Er wird gänzlich gestrichen. 

„Ob Sie sich in London so wohl fühlen würden, teuerste Baronin? Ich glaube, es wird nicht lange dauern, so sehnen Sie sich nach dem Tirsenhof zurück.“ (331)

Eine weitere Komponente neben der Senkung des Nationalgefühls bei der kulturellen Umerziehung ist die Entmilitarisierung, die im Folgenden behandelt werden soll.

  • Entmilitarisierung

Die Zensur des Romans bearbeitet auch Textstellen, die den Militarismus Deutschlands widerspiegeln. Der Inhaber der Riggers-Werke, Ingenieur Harder, wird im Roman als Generaldirektor (71, 72, 58) bezeichnet. In der Nachkriegsfassung wird diese Berufsbezeichnung durch Direktor oder dem Personalpronomen er ersetzt. Die originale Bezeichnung enthält die militärische Komponente General, auch wenn sie in diesem Kompositum nicht die militärische Bedeutung trägt. Der Charakter Harders jedoch zeigt militärische Züge auf. Er ist ernst, autoritär und lebt nach strikter Ordnung. Der folgende Satz wird komplett gestrichen, da er diese militärische Haltung reflektiert.

Wieder ging eine Bewegung durch die am Konferenztisch Versammelten. Aber der herrische Blick des Generaldirektors, seine befehlsgewohnte Stimme erstickten jeden Widerspruch im Keime. (55)

Der autoritäre Ton der deutschen Figur wird entschärft, um den Militarismus nicht anzuspielen und ihn in den Hintergrund zu drücken. In diesem Zusammenhang wird auch das Wort Generalgewaltigen (223), mit dem Harder gemeint ist, zu Gewaltigen gekürzt. An einer anderen Stelle wird seine autoritäre gebieterische Haltung entschärft, indem das Wort herrisch gestrichen wird: Ein kurzer, herrischer Abschiedsgruß an die Versammlung. (226)

An einer weiteren Stelle, werden auch der humorvolle Selbstlob Iversens, sein ehemaliger Beruf und der militärische Dienstgrad, die er einst erfüllte, gestrichen. 

„Beachten Sie den schönen Vornamen Malte, bitte! Gewesener Leutnant, gewesener Kaufmann, halb gewesener Rittergutsbesitzer. Die Klitsche ist verpachtet. Jetziger Hauptberuf Sportsmann.“ (58)

Das Attribut schönen deutet auf das hohe Selbstbewusstsein der Persönlichkeit und ihren Sinn für Humor hin. Die Aufzählung der verschiedenen Berufe hebt die vielfältigen Fähigkeiten des Charakters hervor. Sie entfallen alle außer dem Beruf, in dem Iversen versagte, nämlich als Gutsinhaber, der sein Land verpachten musste. Der Charakter wird in der Nachkriegsfassung denunziert zu einer erfolglosen fast untauglichen Persönlichkeit. Das dient der Bekämpfung des Nationalgefühls und der Entmilitarisierung.

Auch im folgenden Auszug wird eine militärischer Auftritt Maltes von Iversen zensiert: Malte von Iversen schlug die Hacken zusammen, machte eine überkorrekte Verbeugung und legte die Hand aufs Herz (382).

Die Zensur ist sehr genau, in der Entfernung militärischer Terminologie. Im folgenden Satz wird der Begriff in Zivil gestrichen. Der Ausdruck impliziert in sich die Abhebung vom Gegenteil, und zwar von der militärischen Kleidung.

Ein Herr in Zivil stand neben ihm, in der anderen Hand des Iversen wohlbekannte Erkennungszeichen der politischen Polizei. (208)

Zu der gestrichenen Naziterminologie gehört das Wort Führer (254, 289), dass durch Anführer ersetzt wird. Das ist notwendig, um die Verbindung mit Hitler zu brechen.

 

  1. Ergebnis

Die Sprachpolitik der Nachkriegszeit zielte darauf ab, durch sprachlich-editorische Eingriffe in den Roman Textpassagen zu revidieren, die nicht in Einklang mit den neuen demokratischen Werten der Besatzungsmächte stehen. Die Änderungen im Roman sind jedoch nicht nur darauf bezogen. Einige Änderungen im Text sind rein stilistisch und weisen keine manipulative Absicht auf. Im Folgenden sollen diese Eingriffe kurz zusammengefasst werden.

Die Bezeichnung von neuen Erfindungen, die für Science-Fiction typisch sind, wird verändert und von real vorhandenen Bezeichnungen ersetzt. Dies schränkt die Fantasie des Lesers ein und entreißt dem Roman die fantasievolle Nuance.

Die bürgerliche Anredeform wird auf alle Figuren im Roman ohne Beachtung des sozialen Ranges dieser Figur übertragen. Dies bezweckt die Einführung demokratischer Denkmuster und die Desillusionierung des gemeinsamen maurischen Feindes. Es ist jedoch stilwidrig und literarisch unangemessen, denn die Figuren verlieren ihre spezifischen Eigenschaften und werden vereinheitlicht.

Obwohl das osmanische Reich als ein traditioneller Feind Europas gilt, wird sein Bild in vieler Hinsicht im Roman verherrlicht. So tritt der Feind als ebenbürtige Entität auf und wird durch seine Ehre im Streit gekennzeichnet. Durch Änderung der Adjektivformen und Auslassungen wird der Versuch unternommen, dieses Bild zu entschärfen.

Übertreibung im Allgemeinen wird im Roman relativiert, indem die Superlativform von Adjektiven in Positiv geändert wird und indem Phrasen mit übertriebener Bedeutung entfallen. Die Änderung erfolgt eher unbeachtet der Natur dieses literarischen Genres, indem Ausführlichkeit und Übertreibung zur Fantasie des Science Fiction gehören. Auch die Aufhebung von anscheinend redundanten Wörtern und Textpassagen hat denselben Effekt auf den Roman. Diese Stellen sind meistens nicht informativ. Sie vermitteln jedoch affektive Momente im Roman. Die Korrektur von anscheinend vorhandenen Fehlern und Sachverhalten zeigt sich in manchen Stellen als stilwidrig und unlogisch. Anstößige Textpassagen werden prinzipiell in der Nachkriegszeit zensiert und gestrichen. Dies beraubt dem Roman jedoch die Gefühlsbetonung.

Eine weitere Achse, die vorwiegend im Roman zensiert wird, ist die politische Anpassung des Textes, so dass das Bild der Besatzungsmächte verschönert und eine demokratische Mentalität eingeführt werden. Von dieser Zensur sind insbesondere die Amerikaner, die Russen und die Engländer betroffen. Das pejorative humorvolle Amerikanerbild wird aufgearbeitet. Die Russen werden durch die Zensur fast gänzlich aus dem Roman verdrängt. Die Kritik an die Engländer, die als echte Konkurrenten der Deutschen im Roman hervortreten, wird durch die Zensur entschärft, indem hauptsächlich die geo-politische Determinierung ausgelassen wird. Doch auch hier verliert der Roman viele Spannungsmomente. Was Europa anbetrifft, so bewirkt die Zensur eine Neupositionierung Europas aus dem Zentrum der Welt in die Peripherie. Dieser Verlust ist zugunsten des neuen Weltsystems, indem Russland und Amerika die Pole der neuen Weltmächte spielen.

Auf der Ebene der Entnazifizierung greift die Zensur ein, um das Nationalgefühl der Deutschen zu senken und eine sprachliche Entmilitarisierung durchzuführen. Textpassagen die deutschen Fortschritt und Überlegenheit, oder edle deutsche Tugenden aufweisen werden gestrichen. Zur Entmilitarisierung werden militärisch beladene Lexeme getilgt.

Die Zensur neutralisiert den Westen polarisierende Textpassagen und rekonstruiert einen europa- und westenkonformen Text. Da die Zensur kein literarisch kunstvolles Werk ist, verliert der Text bzw. die Handlung teilweise ihre Lebendigkeit und Spannung. Literarische Momente, wie Fantasie, Gefühlsbetonung, Spannung und Humor, werden dadurch zerstört.

  1.  

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